Vorsicht mit der Vorfälligkeit

 

Sinkende Zinsen sind toll, allerdings nicht für den, der seine Immobilie mit langfristigen teuren Darlehen finanziert hat. Will nämlich der Häuslebauer verkaufen und vorzeitig aus seinem Darlehensvertrag her aus, fordert seine Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung.


Wie diese zu berechnen sei, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Grundsatzentscheidung (XI ZR 267/96) festgelegt. Maßgebend sind der Zinsmargenschaden und der Zinsverschlechterungsschaden, wobei der jeweils höhere anzusetzen ist. Die Zinsmarge ist die Differenz zwischen den vereinbarten Darlehenszinsen und den Zinsen, zu denen sich die Bank selbst refinanziert, also der Profit der Bank. Diesen, abgezinst auf den Zeitpunkt der Zahlung, hat der Kunde zu erstatten.


Das klingt auf den ersten Blick logisch, auf den zweiten allerdings schon weniger. Wenn die Bank nämlich dasselbe Geld mit derselben Marge wieder ausleiht, hat sie keinen Schaden. Beispiel: Altes Darlehen: Vertragszins 8 %, Refinanzierungszins 6 %, Marge 2 %; neues Darlehen: Vertragszins 5 %, Refinanzierung 3 %: Marge 2 %, Schaden: Null. Macht nichts, sagt der BGH, ein Ersatzgeschäft muss sich die Bank nicht anrechnen lassen.


Noch bankenfreundlicher berechnet der BGH den Zinsverschlechterungsschaden: Er entsteht, wenn die Bank das Darlehenskapital nur zu einem niedrigeren als dem Vertragszins wieder ausleihen kann. Maßgebend für den „Wiederanlagezins" sind allerdings laut BGH keineswegs die Konditionen gleichartiger Immobiliendarlehen, sondern „sichere Kapitalmarktitel" öffentlicher Schuldner, die in der Regel erheblich niedriger liegen. Begründung des BGH: Die Wiederanlage frei werdender Mittel in gleichartigen Darlehen ginge sonst zu Lasten des Neugeschäfts der Banken.

Die Bank erhält also volle Kompensation ihres „Schadens" und zugleich freie Liquidität für ihr Neugeschäft. Wer hierbei draufzahlt, ist nicht schwer zu erraten.


Bevor unser Häuslebauer also eine Vorfälligkeitsentschädigung übernimmt, sollte er prüfen, ob sein Käufer nicht besser das Altdarlehen fortführt und er die Zinsdifferenz zur Neufinanzierung des Käufers über den Kaufpreis ausgleicht. Das könnte nämlich bedeutend billiger werden - für beide. Und die Bank bekommt das, was ihr laut Vertrag zusteht - aber auch nicht mehr.


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© Dr. Thomas M. Hellmann